Knappe Ressource ohne Preis: Wasser in Deutschland

Die Klimakatastrophe wird uns in Zukunft weitere Rekordsommer bescheren – Dürreperioden inklusive. Der damit einhergehende Wassermangel wird nicht nur die Landwirtschaft betreffen. Damit es nicht zu Verteilungskonflikten kommt, muss die Politik handeln.

Regelmäßig zur Urlaubszeit wirbt die Deutsche Bahn mit ihrer „Sehnsucht-Kampagne“ für mit der Bahn erreichbaren Reiseziele in Deutschland. Zu diesem Zweck wird dann der Kaiserstuhl mit Vietnam oder der Hunsrück mit Kanada verglichen. Für Liebhaber andalusischer Steppen hätte sich in diesem Sommer auch ein Vergleich mit Südbaden angeboten. Wer im August zwischen Karlsruhe und Freiburg aus dem ICE-Fenster schaute, sah statt des sonst satten Grüns nur braun-gelb vertrocknete Wiesen und Felder.

Das neue Normal

Der Dürresommer 2022 war einer der trockensten und heißesten bisher und dürfte in Zukunft zur Normalität werden. Die jährlichen Niederschläge werden vermutlich in der Summe nicht abnehmen, aber unregelmäßiger auftreten, es wird also mal zu viel und mal zu wenig regnen. Beides ist schlecht für den Wasserhaushalt. Bei Starkregen fließt das Wasser ab, statt zu versickern; bei Hitze und Dürre verdunstet es.

Diese Veränderungen treffen sowohl die Natur als auch den Menschen. Wie fatal die Auswirkungen sein können, zeigte sich diesen Sommer. Niedrige Pegelstände im Rhein sorgten für kostspielige Störungen der Lieferketten, französische Atomkraftwerke mussten aus Mangel an Kühlwasser ihre Leistung drosseln und verschiedene Lebensmittelpreise zogen aufgrund von Missernten an. Wasser ist im bisher wasserreichen Deutschland zur knappen Ressource geworden. Kein Wunder also, dass auch immer öfter darum gestritten wird: Die prominente Auseinandersetzung um den Wasserverbrauch von Teslas Giga-Factory im brandenburgischen Grünheide ist nur die Spitze des Eisbergs. Wie das Recherchezentrum correctiv herausfand, häufen sich Gerichtsverfahren zwischen Landwirtschaft, Industrie und Behörden, die Nutzungskonflikte rund ums Wasser zum Gegenstand haben.

Wasser zum Schleuderpreis

Umso paradoxer erscheint es, dass dieses knappe Gut fast kostenlos zur Verfügung steht. Zwar gibt es regional verschiedene Entnahmegelder, doch diese sind oft viel zu niedrig. Gerade die Unternehmen, die in Deutschland für 72 Prozent der Wassernachfrage verantwortlich ist, bekommen ihr Wasser quasi kostenlos. Besonders stechen dabei Unternehmen der Industrie hervor. Sie haben sich oft auf Jahrzehnte Entnahmerechte gesichert, die ihnen erlauben, Wasser zu sehr geringen Preisen zu fördern.

Ohne Anreize keine Einsparung

Waren diese Entnahmerechte früher einmal angemessen, werden sie heute zum Problem. Denn ohne einen den Marktgegebenheiten entsprechenden Preis fehlen den Wasserverbrauchern die Anreize zum Sparen. Dabei sind Möglichkeiten zur Einsparung oft vorhanden, lohnen sich aber nicht. Neben der Einführung von Wasserkreisläufen im Produktionsprozess könnte die Industrie zum Beispiel vermehrt auf die Speicherung und Nutzung von Regenwasser setzen. Kommunale Versorger und Hauseigentümer könnten ihre Netze so umstellen, dass die Nutzung von leicht verschmutztem Wasser dort möglich wird, wo es sinnvoll ist.  

Damit Wassersparen auch ökonomisch Sinn macht, muss der Preis für Wasser vor allem für die großen Verbraucher der Industrie steigen. Die Einnahmen aus den erhöhten Entnahmegeldern sollten wiederum in Investitionen für Sparmaßnahmen fließen.

Die wirksamste Maßnahme bleibt der Klimaschutz

An andalusische Szenerien wird man sich bei uns in Zukunft wohl oder übel gewöhnen müssen. Es liegt jedoch an der Politik, dafür zu sorgen, dass Anpassungen an die neuen klimatischen Bedingungen vorgenommen werden. Dafür braucht es stabile Rahmenbedingungen, die die richtigen Entscheidungen auch ökonomisch abbilden.

Allerdings werden auch die besten Rahmenbedingungen der Politik ins Leere laufen, wenn die der Umwelt außer Kontrolle geraten. Konsequenter Klimaschutz bleibt daher die wirksamste Maßnahme, um die Wasserknappheit zu entschärfen.   


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