Wohin führt der Weg der deutschen Rüstungsexporte?

Im Jahr 2021 erreichten die Rüstungsexporte in Deutschland einen neuen Rekordwert. Der Großteil der Waffenexporte geht auf die vorherige Bundesregierung der Großen Koalition zurück, die in ihren letzten neun Tagen im Amt noch Rüstungsexporte in Milliardenhöhe nach Ägypten bewilligte. Es ist zweifelhaft, ob dies mit den Interessen der neuen Ampel-Koalition im Einklang steht.

Deutschland gehört mit einem Anteil von 5,5 Prozent an den globalen Waffenexporten zu den größten Waffenexporteuren weltweit. In der Vergangenheit wurde gerade in Hinblick auf die Empfänger von Rüstungsexporten eine eher legere Rüstungspolitik verfolgt. Länder, die der EU oder der NATO positiv gesinnt waren, hatten wenig Schwierigkeiten, deutsche Rüstungsgüter zu erhalten, selbst dann, wenn ihre Werte nicht mit denen Deutschlands im Einklang standen. Ein Beispiel dafür ist Ägypten, welches wegen seiner fragwürdigen Menschenrechtslage sowie der Beteiligung an den Konflikten im Jemen und Libyen in der Kritik stand und steht.

Die neue Bundesregierung hatte sich für die kommenden Jahre einen neuen Weg beim Thema Rüstungsexporte vorgenommen. Im Koalitionsvertrag wurde beschlossen, Rüstungsexporte strenger zu kontrollieren und auch in Bezug auf die Empfängerländer restriktiver vorzugehen. Zudem ist ein Rüstungskontrollgesetz vorgesehen, das Kriterien benennt, anhand derer Rüstungsexporte genehmigt werden können, um die Rüstungsexporte rechtsverbindlich zu regeln.  Ziel dieses Gesetzes ist es, vor allem Rüstungsexporte in umstrittene Drittländer, die nicht der EU oder NATO angehören, einzudämmen. Ferner wollte die neue Bundesregierung auch mit Exporten in Krisenregionen strenger verfahren.

Im Jahr 2021 erfolgte die Hälfte aller genehmigten Rüstungsexporte an Drittländer. Ägypten war trotz seines umstrittenen Regimes und der Bürgerkriegssituation mit deutlichem Abstand das Hauptempfängerland. Künftig sollen Rüstungsexporte in derartige Konfliktregionen nicht mehr ohne weiteres möglich sein. Jedoch wären – bei strikter Auslegung – von den strengeren Regelungen für Rüstungsexporte auch Länder wie die Ukraine betroffen, die aufgrund ihrer geopolitischen Lage auch für die politisch-strategischen Überlegungen der NATO relevant sind sowie momentan zur Verteidigung ihres Staatsgebietes und der Bevölkerung schwere und schwerste Waffen benötigen.

Während die Bundesregierung im Fall der Ukraine zwar zögerlich, aber letztlich doch in größerem Umfange Waffenexporte zulässt, ist noch nicht abzusehen, welche Konsequenzen die Beschränkung der Rüstungsexporte an Drittländer und in andere Krisenregionen nach sich ziehen wird. Es ist nicht auszuschließen, dass Rüstungsgüter, egal in welches Land sie geliefert werden, in falsche Hände gelangen und Schlimmes anrichten können.

Jedoch sind Rüstungsexporte nicht grundsätzlich schlecht. Waffen können nicht nur zur Kriegsführung, sondern auch zur Friedenssicherung und -schaffung verwendet werden. Hinzu kommt der politische Einfluss auf die Empfängerländer, der mit der Lieferung von Waffen einhergeht und eine bestimmte Verhandlungsmacht des Exporteurs schafft, mit der die Machtverhältnisse vor Ort beeinflusst werden können. Wenn Deutschland Waffenlieferungen in bestimmte Regionen verweigert, füllen andere Waffenexportnationen wie Russland und China das hierdurch entstehende Vakuum. Infolgedessen würde die wirtschaftliche Position dieser autoritär regierten Länder sowie deren Einfluss in Regionen, die für Autoritarismus bereits besonders anfällig sind, bestärkt werden.

Der Überfall Russlands auf die Ukraine führt für die gemeinsame Werteordnung und die Sicherheitsarchitektur in Europa zu neuen Herausforderungen für Deutschland und seine Verbündeten. Des Weiteren ist es in Anbetracht des aktuellen Ukraine-Kriegs fraglich, ob an dem ursprünglichen Plan der restriktiveren Rüstungspolitik weiterhin festgehalten wird oder ob hier ein Umdenken der deutschen Regierung stattfinden wird.  

Wohin der Weg der deutschen Rüstungsexporte führt, ist noch offen. Jedoch ist ein absoluter Ausschluss von Rüstungsexporten in Krisenregionen oder Drittländer zu einfach gedacht und auch zu gefährlich für die Sicherheit in vielen Ländern. Krisenregionen und Drittländer sollten nicht pauschal von den Rüstungsexporten ausgeschlossen werden. Es sollte auf Grundlage gemeinsamer Werte und der derzeitigen Situation im jeweiligen Empfängerland eine differenzierte Risikoabwägung auch unter Berücksichtigung moralischer Gesichtspunkte durchgeführt werden, die darüber entscheidet, ob Rüstungsexporte genehmigt werden können.


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