Durch die umstrittene Reform der Schuldenbremse sichert sich die künftige Regierung nahezu unbegrenzte finanzielle Mittel. Die Reform eröffnet der Regierung in den kommenden zehn Jahren fiskalische Spielräume von bis zu 1,7 Billionen Euro. Doch jeder Cent mehr birgt auch die Gefahr, dass der Reformdruck schwindet und das Geld nicht zielführend genutzt wird. Denn Deutschland braucht nicht nur Geld, sondern vor allem tiefgreifende Strukturreformen, damit Investitionen auch zeitnah dort ankommen, wo sie gebraucht werden.
Die künftige Bundesregierung steht vor großen Herausforderungen: Die Wirtschaft schrumpft voraussichtlich das dritte Jahr in Folge. Straßen und Brücken sind vielerorts marode; eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und der Hans-Böckler-Stiftung beziffert den Investitionsstau auf rund 600 Milliarden Euro. Und über allem schwebt eine sicherheitspolitische Zeitenwende – ausgelöst durch den Ukraine-Krieg und verstärkt durch den Abschied der USA als verlässlichen Partner –, wodurch die Bundeswehr Mittel in Höhe von nicht zwei, sondern eher drei Prozent des BIP benötigt. Auch wenn es in einem Haushalt von einer halben Billion Euro Einsparpotenziale gibt, so können die benötigten Mittel nicht alleine durch Einsparungen aufgebracht werden. Da Steuererhöhungen in der aktuellen Situation Gift für die Konjunktur wären, bleiben nur höhere Schulden.
Doch selbst die Politiker der künftigen Regierungsparteien warnen: „Viel Geld hilft nicht viel, wenn wir es nicht auf die Straße kriegen. Ohne Strukturreform wird das ein Rohrkrepierer“, mahnt CDU-Politiker Christoph Haase. Und auch SPD-Bauministerin Klara Geywitz warnt, dass mehr Geld allein nicht zu besseren Verhältnissen führe. Deutschland könnte ohne Strukturreformen auf dem Milliardenberg sitzen bleiben.
Und die Realität gibt ihnen Recht: Bereits jetzt schieben Bund und Länder 76 Milliarden Euro aus Mitteln vor sich her, die sie aufgrund verzögerter Projekte oder Verwaltungsengpässen nicht ausgeben konnten. Auch viele Sonderprogramme für die Kommunen oder die Digitalisierung von Schulen sind Beispiele dafür, dass oft nicht fehlendes Geld, sondern zu komplizierte Prozesse das eigentliche Problem sind. Industriepräsident Peter Leibinger fordert daher ein „Bürokratie-Moratorium“. Die Planungs- und Genehmigungsprozesse sowie Berichtspflichten für Unternehmen müssen vereinfacht werden. Eine weitere Möglichkeit wäre die Einführung einer sogenannten „Genehmigungsfiktion“ – wird ein Antrag nicht innerhalb einer bestimmten Frist entschieden, gilt er automatisch als genehmigt.
Laut Berechnungen von Ökonomen könnte die deutsche Schuldenquote in den nächsten Jahren auf über 90 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen. Das ist verkraftbar, wenn das Wirtschaftswachstum das Zinswachstum übertrifft. Daher ist es entscheidend, dass das Billionenpaket tatsächlich für Investitionen genutzt wird, die das langfristige Wachstumspotential stärken. Es braucht Investitionen in Energieinfrastruktur, Bildungssystem, Klimaneutralität oder Digitalisierung und keine Konsumausgaben und Wahlgeschenke.
Zudem ist es entscheidend, dass die Regierung dringend den Kapazitätsausbau der Privatwirtschaft fördert, damit kreditfinanzierte Investitionen nicht in inflationären Effekten verpuffen. Wenn Bau- und Rüstungsfirmen keine Kapazitäten haben, werden sie nicht mehr produzieren, sondern nur die Preise erhöhen. Die Regierung muss daher nicht nur Geld bereitstellen, sondern auch gezielte Maßnahmen ergreifen: Fachkräftezuwanderung erleichtern, Sozialabgaben begrenzen und Planungsverfahren effizienter gestalten.
Die Reform der Schuldenbremse war auf Grund der aktuellen Lage notwendig. Doch Geld allein wird die Probleme nicht lösen. Deutschland braucht nicht nur Geld, sondern vor allem tiefgreifende Strukturreformen, damit Investitionen auch zeitnah dort ankommen können, wo sie gebraucht werden.
Titelbild: erstellt mit KI (ChatGPT)
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