Kilometergenaue Maut: Ein Schritt nach vorne im Umgang mit der E-Mobilität?

Wer in Deutschland Autofahren will, muss sich auch mit den damit verbundenen Steuern herumschlagen. Ein ohnehin schon leidiges Thema. Umso frustrierender, wenn die eingenommenen Abgaben nicht mehr ausreichen, um damit weiterhin die Straßeninfrastruktur zu finanzieren. Dies scheint jedoch bald unvermeidbar zu sein. Der Grund: die steigende E-Mobilität. Das wirft die Frage auf, ob eine steuerliche Finanzierung nicht bereits überholt ist und von einem gebührenfinanzierten System abgelöst werden sollte. 

Aktuell wird der Straßenbau und -erhalt noch über das Steuersystem finanziert. Um den hierfür entstehenden Bedarf zu decken, werden Steuern auf Kraftfahrzeuge und den Treibstoffverbrauch erhoben. Durch das Nonaffektationsprinzip sind diese steuerlichen Einnahmen allerdings nicht zweckgebunden. Wenn nun die vorgesehenen Einnahmen dem zu deckenden Betrag nicht mehr entsprechen, wird das zum Problem. Eine solche Lücke tut sich zunehmend aufgrund der steigenden E-Mobilität und des damit sinkenden Anteils klassischer Verbrennungsmotoren auf. 

Prognosen zufolge werden batteriebetriebene PKW klassische diesel- bzw. benzinbetriebene Fahrzeuge wohl schon 2045 nahezu vollständig verdrängt haben. Dies führt sowohl zu einer Halbierung der Einnahmen aus den Energiesteuern als auch zu einem allgemeinen Rückgang der Kfz-Steuer-Einnahmen. Letzteres ist vor allem auf Subventionen zurückzuführen. So sind neu zugelassene Elektro-Fahrzeuge bis zu zehn Jahre lang steuerbefreit und werden auch danach nur mit 50 Prozent der üblichen Steuer belegt. Auch wenn die zunehmende E-Mobilität dem Klima zugutekommt, verstärkt sich dadurch doch auch das Finanzierungsproblem der bereits jetzt sichtbar unterfinanzierten Straßeninfrastruktur.

Wenn dieses überholte System nun durch das Prinzip einer fahrleistungsabhängigen Maut abgelöst würde, könnte dem Finanzierungsproblem entgegengewirkt werden. Hierfür würden alle Autofahrenden auf sämtlichen deutschen Straßen eine Nutzungsgebühr zahlen. Die Höhe der Gebühr ergäbe sich individuell aus den zurückgelegten Fahrzeugkilometern. Da Gebühren im Gegensatz zu Steuern eine tatsächliche zweckgebundene Leistung zur Folge haben müssen, könnte der so eingenommene Betrag direkt in den Straßenbau und -erhalt investiert werden. Hochrechnungen zufolge würde eine bundesweit auf jeder Straße erhobene Mautgebühr im Jahr 2030 ca. 33 Milliarden Euro einspielen. Eine Summe, die nicht nur die beschriebene Finanzierungslücke, sondern auch das ein oder andere Schlagloch füllen könnte.

Neben einer Effizienzsteigerung bringt eine fahrleistungsabhängige Maut auch einen Lenkungseffekt in Richtung der angestrebten Klimaneutralität mit sich. Kostet jeder gefahrene Kilometer bares Geld, ist der Anreiz groß, die eigene Fahrleistung zu reduzieren. Das Ergebnis ist ein reduzierter Energie- und Kraftstoffverbrauch und damit eine Reduktion von CO2-Emissionen. Erst durch verursachergerechte, individuelle Kosten erhöht sich die Bereitschaft, das eigene Fahrverhalten anzupassen. Durch einen solchen Lenkungseffekt verringert sich zwar zwangsläufig das Finanzierungsvolumen zur Aufrechterhaltung der Straßeninfrastruktur, allerdings reduzieren sich so auch die negativen externen Wirkungen. Studien zeigen beispielsweise, dass bereits bei einem Preis von 5,4 Cent pro Fahrzeugkilometer Treibhausgase im Wert von fast 9,2 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden könnten. Da externe Kosten wie Luftverschmutzung oder Lärmkosten durch die Maut eingepreist sind, kann eine Reduzierung dieser das verringerte Finanzierungsvolumen ausgleichen und somit die Finanzierung aufrechterhalten.

Wie die Zahlen zeigen, stößt die steuerliche Finanzierung mit zunehmender E-Mobilisierung an ihre Grenzen. Warum also weiterhin auf rückschrittliche Verfahren setzen und nicht den Schritt nach vorne wagen? Ein gebührenfinanziertes, fahrleistungsabhängiges Mautsystem würde eine langfristige Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur sicherstellen – und das auf gerechte und ökologisch sinnvolle Weise.

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