Freiheit oder Ökologie? Für eine ökologische Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft

Die ökologischen Herausforderungen unserer Zeit sind unbestreitbar. Zugleich sind die politischen Debatten zum Umgang mit dem menschengemachten Klimawandel kontrovers und vielfältig. Was würde Ludwig Erhard, der Vater der Sozialen Marktwirtschaft, dazu sagen? Wie könnte eine ökologische Komponente in der Marktwirtschaft im Sinne Erhards aussehen?

Der Anteil derer, die ihre Konsummuster hinterfragen, steigt stetig an und gipfelt teils in kompromissloser Askese. Kritisches Kaufverhalten kann Lenkungswirkungen entfalten. So hat der Trend der letzten Jahre zum Vegetarismus dazu geführt, dass immer mehr Alternativen zum Fleisch angeboten werden – seien es eine größere Auswahl vegetarischer Gerichte im Restaurant oder die zunehmende Vielfalt an Fleischersatzprodukten im Supermarkt.

Es gibt jedoch noch sehr viel in dieser Richtung zu tun – Fleischverzicht ist keine Selbstverständlichkeit, weshalb es an politischen Appellen nicht mangelt. In Anbetracht der Tatsache jedoch, dass viele Menschen – ob hierzulande oder im Globalen Süden – nur über geringe Einkommen verfügen, sind derartige Aufforderungen zum Verzicht allerdings ziemlich zynisch: Wo Fleisch billiger ist als Gemüse, wird nun einmal Fleisch gekauft. Verzicht ist – so paradox es klingen mag – ein Luxus.

Außerdem haben wir es hier mit einem Paradebeispiel für eine Einladung zum Trittbrettfahren zu tun, was Erhard vermutlich unterschreiben würde: Warum sollte man im Namen des Gemeinwohls auf etwas verzichten, wenn es doch scheinbar genügend andere schon richten werden? Eine Kollektivaskese als wirksames Mittel gegen den Klimawandel scheint also schon von Vornherein zum Scheitern verurteilt.

Da es also offenbar nicht funktionieren kann, ökologisches Denken von den einzelnen Bürgern in die gesamte Gesellschaft zu tragen, werden aus Teilen der Gesellschaft radikale Verbotsforderungen erhoben. Die Politik solle „einfach durchgreifen“. Jedoch werden dabei allzu oft die hochkomplexen und weitreichenden volkswirtschaftlichen Wirkungszusammenhänge außer Acht gelassen, wie das Beispiel der Forderung nach einem sofortigen Kohleausstieg zeigt. Dieser sollte gut geplant sein, denn es werden riesige Summen für den Umbau dieses und verwandter Wirtschaftssektoren benötigt, von der drohenden Arbeitslosigkeit und den regionalwirtschaftlichen Konsequenzen mal ganz abgesehen. Eine Politik, die überwiegend auf Verboten basiert, wäre im Übrigen auch mit Ludwig Erhards liberalem Freiheitsgrundsatz nicht zu vereinbaren.

Anstatt dem Klimawandel ausschließlich durch eine Verzichts- oder Verbotskultur zu begegnen, sollte also vielmehr auf eine systemische, sozial wie ökologisch und ökonomisch verträgliche Lösung gesetzt werden. Dies könnte durch eine ökologische Erneuerung unseres sozialmarktwirtschaftlichen Rahmens geschehen. Durch die Internalisierung ökologischer Kosten, also das Bezahlen für umweltschädliche Produktion nach dem Verursacherprinzip, wäre ein Anreiz gegeben, ökologisch verträglicher zu produzieren. Unternehmer wären angehalten, sich darauf zu konzentrieren, ihre Wertschöpfung durch innovative Lösungen von der Umweltbelastung zu entkoppeln, denn jeder Produktionsprozess, der die Umwelt belastet, wäre dann mit zusätzlichen Kosten verbunden. 

So bliebe auch der Wettbewerb der Unternehmer untereinander bestehen – unternehmerischen Erfolg hat vor allem, wer es schafft, durch Innovationen seine Produktion umwelt- und ressourcenschonend zu gestalten. Wer dagegen weiterhin umweltschädigend produziert, wird früher oder später aus dem Markt gedrängt, denn die höheren Produktionskosten für umweltschädliche Produkte müssen in Form erhöhter Preise an die Konsumenten weitergegeben werden. Es bestünde also ein nachfrageseitiger Anreiz, die preiswerteren und damit zugleich umweltfreundlicheren Produkte zu kaufen. So würde mit dem Preis als marktwirtschaftlichem Instrument auch der Konsum maßgeblich beeinflusst – ganz im Sinne einer ökologischen Erneuerung.

Als unterstützend im Sinne Erhards sind auch verlässliche Zielvorgaben und Grenzwerte zu erachten, z.B. in Form von zeitlich gestaffelten Grenzwerten für CO2-Emissionen, so dass Planungssicherheit für unternehmerische Entscheidungen gegeben wäre. Dies würde den Investitionsmut stärken und Innovationen würden so, in letzter Konsequenz, weiter gefördert werden.

Unter diesen erweiterten Rahmenbedingungen könnte die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise gelingen. Freiheit und Ökologie sind also keineswegs als Gegensätze zu betrachten, sondern sind vielmehr die Kernelemente eines Umbaus unserer Sozialen Marktwirtschaft.


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