Für arbeitnehmerfreundlichere Gesetze. Denn die nächste Krise kommt bestimmt.

Deutschland geht es im Frühjahr 2018 wirtschaftlich sehr gut. Auch die Arbeitslosigkeit ist auf Rekordniveau gesunken. Jetzt muss das Arbeitsrecht wieder arbeitnehmerfreundlicher werden, damit auf die nächste Beschäftigungskrise reagiert werden kann.

Die ideologische Debatte um das Arbeitsrecht des Landes ist kennzeichnend für eine industrialisierte und demokratische Gesellschaft. Parteien links der Mitte haben sich überwiegend die Vertretung von Arbeitnehmern zur Aufgabe gemacht, Parteien rechts der Mitte arbeiten meist für die Arbeitgeber. Entsprechend fallen die Vorstellungen beider Seiten zum Arbeitsrecht aus. Grundsätzlich ist diese Aufgabenverteilung zu begrüßen, da in dieser Situation die Interessen beider Seiten vertreten werden und mit dem Arbeitsrecht unter anderem Verteilungsfragen entschieden werden.

Die Verteilungskonsequenzen sind allerdings nur eine Seite des Arbeitsrechts. Zusätzlich ist es ein strategisches Instrument, mit dem man den Zyklen des Arbeitsmarkts begegnen kann. Wenn die Arbeitslosigkeit hoch ist, kann das Arbeitsrecht arbeitgeberfreundlicher gestaltet werden. Unternehmen stellen dann eher Mitarbeiter ein, da beispielsweise das Risiko und der Aufwand einer Anstellung gesunken sind. Dieser Aspekt wird in der aktuellen politischen Debatte in Deutschland gefährlich vernachlässigt, was mit der Entwicklung in den letzten 15 Jahren erklärt werden kann.

Deutschland befindet sich in einer speziellen Situation. Die letzte SPD-geführte Bundesregierung setzte eine Reihe von untypisch arbeitgeberfreundlichen Maßnahmen durch. Sie machte beispielsweise Leiharbeit für Unternehmen einfacher und attraktiver. Auch die Befristung von Arbeitsverträgen wurde vereinfacht. Speziell die Befristung von Arbeitsverträgen ohne Sachgrund ist hier zu nennen. Diese Maßnahmen sind mit der ideologischen Position der SPD eigentlich nicht vereinbar. Die damalige Regierung erkannte allerdings die Notwendigkeit, das Arbeitsrecht strategisch einzusetzen, um die Arbeitslosigkeit zu senken und die Wirtschaft in Schwung zu bringen.

Die nachfolgenden CDU-geführten Regierungen mussten keine großen Reformen durchführen, um ihre Klientel zu bedienen. Stattdessen genügte ein weitgehender Erhalt der arbeitgeberfreundlichen Gesetzgebung. Mit der sinkenden Arbeitslosigkeit und der steigenden Wirtschaftsleistung im Rücken konnte sie so ideologiegeleitete Politik betreiben, indem sie nicht viel änderte. Im Herbst 2017 hat die Arbeitslosigkeit nun einen historischen Tiefststand erreicht: 5,5 Prozent und unter 2,5 Millionen Deutsche waren im September arbeitslos, so wenige wie in keinem September nach der Wiedervereinigung. Saisonbedingt ist die Quote im Januar 2018 auf 5,8 Prozent angestiegen, doch auch dies ist im langjährigen Vergleich ein Spitzenwert für einen Wintermonat.

Die nächste Regierung wird wieder CDU-geführt sein. Bei ihr liegt nun die Verantwortung, ebenfalls Politik zu machen, die nicht ihrer Ideologie entspricht. Der Grund ist wiederum strategischer Natur. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Arbeitsmarkt und die wirtschaftliche Lage in Deutschland auf lange Frist so gut laufen. Um auf die nächste Beschäftigungsflaute oder -krise mit arbeitgeberfreundlicher Gesetzgebung reagieren zu können, muss sich die Regierung Spielraum verschaffen. Diesen Spielraum verschafft sie sich nur, indem sie das Arbeitsrecht wieder arbeitnehmerfreundlicher macht.

Selbstverständlich ist es nicht ratsam, objektiv ineffiziente Strukturen auf dem Arbeitsmarkt wiedereinzuführen oder nachweisliche Fehlanreize wieder zu installieren. Instrumente wie die sachgrundlose Befristung allerdings, sicher auch die sehr attraktive Gesetzgebung zur Leiharbeit, sind notwendige Elemente einer politischen Reaktion auf wirtschaftliche Flauten. Diese Elemente stünden einer Regierung momentan nicht zur Verfügung und ob entsprechende Pläne im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD, die zaghaft in diese Richtung deuten, umgesetzt werden können, ist aktuell unklar. In jedem Fall muss die nächste Regierung ihrer Verantwortung gerecht werden und ähnlich der letzten SPD-Regierung Politik machen, die ihr ideologisch fern ist, sonst schafft die Reaktion auf die nächste Beschäftigungsflaute die Soziale Marktwirtschaft ab.


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