Der Genuss von Cannabis ist verboten, doch das Verbot ist gescheitert. Es weiterhin aufrecht zu erhalten, macht keinen Sinn mehr. Deutschland muss sich der wachsenden Liste an Ländern wie Kanada, den Niederlanden und Portugal anschließen, die Cannabis legalisiert oder zumindest entkriminalisiert haben.
Im Jahr 2019 wurden in Deutschland 225.000 Delikte wegen Besitzes oder Handels von Cannabis, umgangssprachlich „Gras“ genannt, registriert. Es wurde gegen mehr Menschen wegen Cannabis-Vergehen (191.000) ermittelt als wegen Schwarzfahrens (130.000). Einer Schätzung zufolge kostet der Kampf gegen Cannabis allein die Polizei jährlich rund eine Milliarde Euro. Die Kosten für die Gerichte und Gefängnisse lassen sich nicht einmal beziffern.
Der Besitz, Handel und Anbau von nicht-industriellem Hanf ist in Deutschland seit 1929 verboten. Dabei ist bestenfalls unklar, ob und wenn ja welche Schäden durch den Graskonsum in Deutschland entstehen. Todesfälle durch eine Überdosierung sind nicht bekannt. Zum Vergleich: etwa 75.000 Menschen sterben jedes Jahr am Konsum von Alkohol, 120.000 Menschen an den Folgen des Tabakrauchens.
Über 45 Prozent der Menschen in Deutschland zwischen 18 und 25 Jahren gaben zuletzt in einer aktuellen Umfrage der Bundesregierung an, bereits mindestens einmal Cannabis konsumiert zu haben. Trotz des kategorischen gesetzlichen Verbots und milliardenschweren polizeilichen Ermittlungen und strafrechtlichen Verfolgungen scheint Cannabis in Deutschland weithin verfügbar und gesellschaftlich in großen Teilen der Bevölkerung akzeptiert zu sein.
Aus finanzieller Sicht ist die Legalisierung dabei alternativlos: neben Milliarden Euro an Einsparungen bei der Polizei und im Justizsystem ließen sich Cannabisprodukte besteuern. Eine konservative Schätzung mit einer Steuer von rund 25 Prozent kommt auf Mehreinnahmen von rund 650 Millionen Euro, dazu noch einmal etwa dieselbe Summe aus zusätzlicher Umsatz-, Gewerbe-, Körperschaft- und Lohnsteuer. Für den Fiskus bliebe somit ein Plus von rund 2,4 Milliarden Euro – jährlich.
Indem der Verkauf von Cannabis aus schlecht beleuchteten Straßenecken in normale Geschäfte verlagert wird, lassen sich die Abgabe der Waren und die Produkte selbst zudem wesentlich besser kontrollieren. Der Verkauf an Jugendliche könnte eingeschränkt werden und Verunreinigungen am Produkt wären weitestgehend auszuschließen. Letztere sind im illegalen Straßenverkauf gang und gäbe. Denn dem reinen Cannabis werden häufig Stoffe beigesetzt, welche entweder das Gewicht der Ware künstlich erhöhen (darunter auch tatsächlich gesundheitsgefährdende Materialien wie Glasstaub, Quarzsand oder Flüssigplastik) oder die Wirkung des Cannabis künstlich verstärken sollen (häufig chemische Drogen oder Opiate).
Cannabis hat im Gegensatz zu Alkohol den Ruf als Einstiegsdroge. Dabei ist Alkohol in jedem Supermarkt erhältlich. Der Kauf von Cannabis geschieht allerdings beim Dealer, der oftmals auch andere Drogen im Sortiment hat. In einer Umgebung, in der der Konsum härterer Drogen normal ist, ist die Versuchung, diese selbst auszuprobieren, ebenfalls wesentlich präsenter. Auch dieser Effekt wird über eine kontrollierte Abgabe stark reduziert.Der Widerstand gegen eine Legalisierung ist mehr ideologisch als inhaltlich. Die Argumente der Verbotsbefürworter werden mit jedem weiteren Land, das sich zu einer Entkriminalisierung entschließt, aufs Neue widerlegt. Die Debatte ist vorbei. Die Zeit zum Handeln ist jetzt gekommen.
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