Wer rettet den Online-Journalismus?

Nur einmal kurz das Neueste aus der Lokalzeitung auf Google News checken…Google freut es, aber die Zeitungsverlage verdienen an ihren Artikeln auf Google News erst einmal nichts. Das Leistungsschutzgesetz versucht das zu ändern und soll jetzt auf EU-Ebene vorangebracht werden. Neue Initiativen generell sind dringend nötig, denn die bisherigen Ideen der Verlage zur Finanzierung von Online-Nachrichten funktionieren nicht. 

Viele Verlage probieren es erst einmal mit Werbung. Bei den Print-Ausgaben werden die Kosten durch Anzeigen und Abonnenten finanziert. Wenn die Inhalte für jeden Kunden – Abonnent oder nicht – online kostenlos sind, müssen die Kosten also komplett durch Werbeeinnahmen gedeckt werden. Die Werbekunden zahlen umso mehr, je öfter eine Seite angeklickt wird. Finanzierbar ist der freie Online-Zugang zu allen Artikeln also nur für die größten Zeitungsanbieter der Branche, die ausreichend Klickzahlen vorweisen können. Lokalzeitungen können da nicht mithalten, zumal lokale Händler bisher wenig Werbung online schalten.

Doch auch die großen Zeitungen stehen vor einem Dilemma, denn sie werden von Artikeln mit hohen Klickzahlen immer abhängiger. Die beliebtesten Artikel sind jedoch nicht unbedingt die qualitativ hochwertigsten. Ein Artikel über eine tote Maus in einem Supermarktsalat ist in wenigen Minuten geschrieben und generiert höchste Klickzahlen. Eine Hintergrundreportage über die Situation in Kurdistan oder die Geldpolitik der EZB ist viel aufwendiger und wird seltener geklickt. Langfristig ist also die Qualität der Artikel und die Vielfalt der Anbieter gefährdet.

Ähnlich wie die Finanzierung durch Werbung funktioniert auch das Geschäft mit den Daten der Leser nur für große Verlage. Hier steht die Menge an Daten, die man dem Leser entlocken kann, im Vordergrund – je mehr Klicks, desto mehr Daten. Doch auch dieses Modell ist für die Verlag riskant, steht doch das Leservertrauen bei Fragen des Datenschutzes auf dem Spiel.

Die Paywall, oder Bezahlschranke, ist eine weitere Alternative. Wenn Leser einen Artikel lesen möchten, müssen sie dafür zahlen. Doch Artikel konkurrieren bereits um die Zeit der Leser. Bezahlschranken fordern vor jedem Artikel eine zusätzliche Kaufentscheidung und stellen damit eine weitere psychologische Hürde auf. Schmökern wird unattraktiv. So sinkt die Nachfrage und damit auch die Zahl der Zeitungsanbieter, die sich finanzieren können. Deshalb wenden sich einige Verlage wieder von der Paywall ab, wie etwa das Kölner Medienhaus DuMont, zu dem in Deutschland sechs große Regionalzeitungen gehören. Auch die Zeitungs-App Blendle, bei der Nutzer für einzelne Artikel verschiedener Zeitungen zahlen, ist wenig erfolgreich.

Blendles Ansatz ist jedoch interessant, denn die App vereint die Anbieter. Bisher versuchen die Verlage, alleine Lösungen zu finden. Abonnements einzelner Zeitungen, ob digital oder traditionell, treffen den Zeitgeist aber nicht mehr. Ein Online-Anbieter, der wie die Musik-Streamingdienste Spotify oder Netflix das Zeitungsangebot bündelt und ein Abo für alles anbietet, könnte auch die junge Generation der Nachrichtenjunkies wieder begeistern. Die Frage dabei ist aber, ob ein verlässliches Angebot, das die Urheber der Artikel fair entlohnt, für den durchschnittlichen Nutzer bezahlbar ist.

Wie auch immer eine Lösung aussehen mag, es müssen neue Modelle erdacht werden. Vielleicht ist ein durchsetzungsstarkes europäisches Leistungsschutzgesetz eine Überlegung wert. In Deutschland allein ist das Gesetz gescheitert: Die Verlage verdienten nur wenig oder verzichteten gleich ganz auf Geld aus Angst, nicht mehr bei Google News zu erscheinen. Vielleicht sollten aber auch wir Nutzer unsere „Kostenlos-Kultur“ überdenken. Qualitätsjournalismus und aufwendige Recherchen sind essentiell für unsere Gesellschaft. Diese journalistische Arbeit kostet Geld.

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