Fußball-EM 2024: Weniger wirtschaftliche Krise dank Musiala & Co.?

Im Jahr 2023 ist das deutsche Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Prozent gesunken. Im Jahr 2024 sind hunderttausende Fußballfans zur Europameisterschaft in Deutschland gekommen – als Fans, die in Hotels übernachtet, in der Stadt eingekauft, Bratwürste gegessen und Bier getrunken haben sowie zum Public Viewing gegangen sind. Doch konnte die EM einen nachhaltigen wirtschaftlichen Impuls setzen und die deutsche Wirtschaft ankurbeln?

Um die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Fußball-Europameisterschaft beurteilen zu können, sollten wir zunächst einen Blick zurückwerfen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung untersuchte den wirtschaftlichen Nutzen der Weltmeisterschaft im Jahr 2006 und stellte fest, dass die WM aus wirtschaftlicher Perspektive kein „Sommermärchen“ war. Weder die Ausgaben ausländischer Fußballfans noch die über Jahre verteilten Investitionen hatten nennenswerte Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt. Des Weiteren konnten die Forscher keinen Anstieg des privaten Konsums feststellen. Trotz der Aussage der damaligen Bundesinnenministerin Nancy Faeser, dass die Erwartungen an die Europameisterschaft übertroffen wurden, und trotz einer unter Sportökonomen umstrittenen Studie, die eine wirtschaftliche Gesamtwertschöpfung von 7,4 Milliarden Euro bescheinigt, konnte die Europameisterschaft den generellen Abwärtstrend der deutschen Wirtschaft nicht aufhalten und hatte kaum gesamtwirtschaftliche Auswirkungen. Worin liegen die Gründe für diesen geringen Effekt?

Michael Grömling, Leiter des Clusters Makroökonomie und Konjunktur beim Institut der deutschen Wirtschaft, erklärt dies u.a. mit einem Verdrängungseffekt. Zwar sind zur Europameisterschaft in Deutschland hunderttausende Fußballfans gekommen. Diese haben aber andere Touristen, die sich nicht für Fußball interessieren, verdrängt. In der Folge haben weniger dieser Touristen Deutschland während des vierwöchigen Turniers besucht und sind stattdessen auf andere Länder ausgewichen.

Auch auf der Seite des privaten Konsums dürfte das Turnier Verdrängungseffekte verursacht haben. Denn jeder Bürger hat jedes Jahr ein Budget, das er für Konsum ausgibt. Geld, das während der EM ausgegeben wird, wird an anderer Stelle wieder eingespart. Kaufen sich deutsche Fußballfans beispielsweise das 120 Euro teure Trikot des Ballvirtuosen Jamal Musiala, dann verzichten diese dafür auf andere Kleidungsstücke. In der Summe wird also nicht mehr konsumiert, sondern es findet lediglich eine Verschiebung des Konsums statt.

Der Gewinner der Fußball-Europameisterschaft stand ohnehin bereits vor Beginn der Spiele fest. Der europäische Fußballverband, die UEFA, rechnete mit einem Umsatz von 2,4 Milliarden Euro und dürfte diesen auch erreicht haben. Durch die Preise für die Tickets, durch die Vergabe der Fernsehrechte für die Übertragung der Spiele und das Sponsoring konnte die UEFA schon vorab sicher von einem Gewinn von 1,75 Milliarden Euro aus gehen.

Konnte Deutschland davon wenigstens in Form von Steuereinnahmen profitieren? Für die EM wurde die EURO 2024 GmbH, ein Gemeinschaftsunternehmen der UEFA und des deutschen Fußballbundes, gegründet. Die UEFA schätzt, dass dadurch 65 Millionen Euro an Steuern anfallen werden. Müsste die UEFA den gesamten Gewinn versteuern, würde das lediglich einem Steuersatz von bescheidenen 3,8 Prozent entsprechen.

Entscheidender ist ohnehin die Frage, wie groß die Einnahmen der Europameisterschaft im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt ausgefallen sind. Im vergangenen Jahr betrug das nominale Bruttoinlandsprodukt rund vier Billionen Euro. Auch wenn durch die Europameisterschaft zwei Milliarden Euro direkt in die deutsche Wirtschaft gespielt wurden, entspricht dieser Betrag im Vergleich zur gesamten deutschen Wirtschaftsleistung lediglich 0,05 Prozent.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Europameisterschaft 2024 keine nennenswerten Auswirkungen auf die deutsche Gesamtwirtschaft ausgelöst hat. Optimisten hatten vor diesem Hintergrund zumindest auf psychologische Effekte gehofft. Schon der ehemalige Bundeskanzler Ludwig Ehrhard hatte ja angemerkt, dass Wirtschaft zu 50 Prozent Psychologie sei. Für einen Moment sah es während der EM auch danach aus, als könnte das erfolgreiche verlaufende Turnier die Stimmung im Land heben und das Image Deutschlands als Wirtschaftsstandort verbessern. Ob es an der Hand Cucurellas oder einem dominierenden gesamtwirtschaftlichen Abwärtstrends lag, wird man nicht genau sagen können – besser geworden ist die Stimmung seit dem Sommer jedenfalls nicht.

Titelbild: erstellt mit KI (Chat GPT)


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