Erbschaftsteuer: Beerdigen oder wiederbeleben?

Pünktlich zu Beginn des Wahlkampfs für die Bundestagswahl im Februar 2025 haben die Parteien ihr Profil geschärft. In der Steuerpolitik wurden Forderungen erhoben, die von einer drastischen Erhöhung der Erbschaftsteuer bis zu ihrer kompletten Abschaffung reichen. Warum die Erbschaftsteuer bleiben sollte, aber grundlegend reformiert werden muss.

Während die Ungleichverteilung der Einkommen in Deutschland langfristig in etwa konstant bleibt, nimmt die Vermögensungleichheit seit Jahren zu. Die meisten Bürger sind aus einem Gerechtigkeitsgefühl heraus der Überzeugung, dass Vermögen in einer Volkswirtschaft nicht zu ungleich verteilt sein sollten. Auch aus ökonomischer Sicht spricht vieles dafür, da eine starke Ungleichheit negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die Stabilität der Finanzmärkte haben kann.

Um dem entgegenzuwirken, muss Vermögen besteuert werden. Die Erbschaftsteuer ist dafür geeignet, denn sie stellt sicher, dass Vermögenskonzentrationen über Generationen hinweg weniger stark steigen. Wird Vermögen vererbt oder verschenkt, entspricht dies nicht dem Gedanken der Leistungsgerechtigkeit. Die Empfänger haben keinen eigenen Beitrag zur Vermögensbildung geleistet. Um in etwa gleiche Chancen zwischen Generationen zu schaffen und einer steigenden Vermögensungleichheit entgegenzuwirken, ist eine Erbschaftsteuer gerechtfertigt und sinnvoll.

Die aktuelle Erbschaftsteuer belastet jedoch Erben kleinerer Vermögen verhältnismäßig stärker als diejenigen, die große Vermögen erhalten. Das liegt zum einen daran, dass durch Ausnahmen z.B. auf Betriebsvermögen und Immobilienbesitz zu viele Vorteile für Vermögende bestehen. Allein im Jahr 2023 wurden über 2,1 Milliarden Euro an Steuern bei Vermögen über 26 Millionen Euro vollständig erlassen. Zum anderen wurden die Freibeträge in den letzten 25 Jahren nicht angehoben, was durch die Inflation einer schleichenden Steuererhöhung für die „Mittelschicht“ gleichkommt. Privatpersonen mit kleinen Erbschaften werden vollständig herangezogen, während für große Vermögensübertragungen jedwede Sonderregel greift.

Einige aktuelle Reformansätze stärken dieses ungleiche Verhältnis nur noch mehr oder führen lediglich zur weiteren Ausweitung bestehender Ausnahmen. Die Forderung der Linken, die Freibeträge auf 200.000 Euro zu senken und darüber hinaus mit hohen Steuersätzen ausnahmslos zuzuschlagen, dürfte zukünftig fast jedes Familienerbe betreffen. Hier werden die Falschen adressiert, da auf einer zu niedrigen Ebene angesetzt wird. Auf der anderen Seite kommt z.B. von der AfD die Forderung, die Steuer gleich ganz abzuschaffen, da man „jede Form der Erbschaft- und Vermögensteuer ablehne“, so Alice Weidel.

Beide Extrempositionen sind der falsche Weg. Die steigende Vermögensungleichheit muss bekämpft werden. Dabei sollten wirklich große Vermögen etwa aus Familienstiftungen, Konzernbeteiligungen und Milliardenvermögen herangezogen und dafür auf die Besteuerung von einfachen Familienerbschaften und kleinen bis mittelständischen Betrieben verzichtet werden. Hier liegt der tatsächliche Unterschied und so lässt sich auch ein ordentliches Steueraufkommen generieren. Konkret bedeutet das hohe Freibeträge im siebenstelligen Bereich, die sich auch jährlich mit der Inflation anpassen. Die Ausnahmen des Erbschaftsteuergesetzes müssen im Gegenzug weitestgehend fallen, damit keine Willkür bei der Schaffung neuer Schlupflöcher aufkommt. Gleichzeitig muss eine großzügige Streckung der Zahlungen über einen langen Zeitraum möglich sein. Die Substanz von Unternehmen muss gewahrt bleiben und es muss ihnen möglich sein, ihre Steuerschuld zu begleichen.

Um die Vermögensungleichheit in Deutschland effektiv anzugehen, ist eine konsequente Erbschaftsteuer notwendig. Kleine Erbschaften und Betriebe müssen entlastet und große Vermögensübertragungen endlich wirksam besteuert werden. Was wir brauchen, sind echte Reformen zur Wiederbelebung der Erbschaftsteuer.

Titelbild: erstellt mit KI (ChatGPT)


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